Karsamstag
Heute ist Karsamstag. Die Sonne scheint wieder, aber es ist noch ziemlich kalt. Nachmittags habe ich ein wenig in meinem kleinen Garten gezupft; nach mehr als vier Jahrzehnten mit mehr als 8000 m² Haus- und Hoffläche genieße ich die Überschaubarkeit meines Kleinods.
Ich habe ein Blumengesteck kreiert. Mit viel Grünem und wenig Blumen (ich tue mich sooo schwer Blumen aus ihrem Lebensumfeld, wo sie so viel länger blühen, zu entfernen) – und ich freue mich wie schön es geworden ist. Ich habe Giersch und Löwenzahn ausgerupft, einem Grünspecht zugesehen und versucht, mich nicht über den Rasenmäher in Nachbars Garten zu ärgern.
Es ist Karsamstag. Eine Zwischenzeit. Eine Übergangszeit. Die graue Karfreitagsrealität ist noch da, aber eben auch die Farben von grünendem blühendem Leben. Nichts bleibt für immer. Manchmal noch nicht mal für lange Zeit.
Nicht der Karfreitag und ebenso wenig Ostern. Für mich ist alles durchdrungen von Erfahrungen und Geschichten. Meinen eigenen und denen derer, die vor mir waren. In sie schmiege ich mich gerne ein. Wie zum Beispiel darin, wie meine Mutter es liebte, mit Blumen oder ein paar Zweigen aus dem Garten, es schön zu machen. Wie zum Beispiel die Geschichten von den Frauen auf dem Weg zum Grab. „Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?“, fragen sie sich. Noch völlig verzweifelt und verwirrt über Jesu Tod versperrt ihnen ein Felsblock den Weg. Sie hofften wenigstens durch eine Liebestat Trost zu finden. Und dann kommt plötzlich alles ganz anderes als erwartet … und der Stein ist weg und auch sonst passieren unglaubliche Dinge, Wunder.
Solche Geschichten geben mir Trost und Hoffnung, dass das Schöne, das Leichte, das Leben und nicht der Tod siegt. Dass nicht die Zerstörung, sondern die Liebe siegt.
Diese Zuversicht streifte mich heute in meinem Übergang von Karfreitag zu Ostern. Beim Ernten der ersten herrlich duftenden Pfefferminze und beim Genuss des daraus gebrühten Tees. Vielleicht werde ich diese Zuversicht morgen auch spüren – vielleicht auch nicht.
Die Minze ist gut durch den Winter gekommen.